Gelungene Softwarelösungen schaffen es, ein Problem des Nutzers zu lösen oder ein Bedürfnis zu decken. Damit das funktioniert, muss jedoch ein gutes Verständnis von dem Rahmen vorhanden sein, in dem der spätere Nutzer sich bewegt. Die Wünsche und Bedürfnisse des Nutzers müssen verstanden werden, und in die spätere Softwarelösung eingebracht werden. Wenn dann noch eine Oberfläche gestaltet wird, die es dem Nutzer ermöglicht, seine Ziele schnell und einfach zu erreichen, dann spricht man von guter Usability.
Heute gibt es kaum noch Softwareunternehmen, die nicht das Thema Usability für sich entdeckt haben. Auf jeder Webseite wird damit geworben, dass Produkte intuitiv und einfach zu nutzen sind. Kunde und Nutzer stehen im Mittelpunkt des Interesses. Das ist gut!
Aber leider sind Entwickler und Designer einer Software selten die eigentliche Zielgruppe und verfügen über Detailwissen, das den späteren Anwendern fehlt. So zeigen sich trotz bester Absichten einige Usability-Probleme, die sich in vielen Softwareprodukten wiederholen. Im Folgenden möchte ich Ihnen anhand von Alltagsbeispielen 3 häufige Usability-Probleme näher bringen und Ihnen mögliche Lösungsansätze für jedes dieser Probleme aufzeigen.
Problem 1: Die Fachsprache
Stellen Sie sich vor, Ihre Familie hat sich vergrößert und Sie möchten ein neues Auto kaufen. In den Kofferraum soll entspannt der neue Kinderwagen passen. Als Sie im Autosalon ankommen und das dem Verkäufer sagen, fragt Sie der Verkäufer: „Wie viel Liter Kofferraumvolumen brauchen Sie denn?“ Dann reicht er Ihnen eine Checkliste, bei der Sie Fahrzeuge nach verschiedenen Kofferraumvolumen auswählen können.
Genauso fühlen sich Ihre Nutzer, wenn Sie in Ihrer Software Fachsprache verwenden. Ja, Ihre Nutzer möchten gerne mit einem Programm arbeiten und haben eine sehr genaue Vorstellung davon, was sie erreichen wollen. Aber sie möchten dafür keine langen Einarbeitungszeiten und kein dickes Handbuch in Kauf nehmen. Und sie kennen auch nicht zwangsweise die Begriffe, die bei Ihnen in der Entwicklung verwendet werden.
Lösung: Sprechen Sie mit Ihren Nutzern. Finden Sie heraus, was die relevanten Begriffe in ihrer Sprache sind und verwenden Sie ausschließlich diese Begriffe innerhalb Ihrer Software. Und machen Sie sich keine Sorgen: Auch Experten werden diese Begriffe verstehen.
Problem 2: Inhaltsexperte ungleich Nutzungsexperte
Stellen Sie sich vor, Sie sind passionierter Läufer und nehmen jedes Jahr erfolgreich am Frankfurt Marathon teil. Dieses Jahr möchten Sie zum ersten Mal bei einem Marathon in Berlin mitlaufen. Als Sie zum Start kommen, sehen Sie, dass die Strecke nicht abgesteckt ist und Sie deswegen nicht wissen, wo Sie lang laufen müssen. Als Sie nachfragen, sagt Ihnen der Veranstalter: „Ich dachte, Sie sind Experte und brauchen das nicht!“
Ein Nutzer kann ein absoluter Experte für eine bestimme Aufgabe sein, aber Ihre Software zum ersten Mal verwenden. Nur weil Sie Software für Experten entwickeln, heißt das nicht, dass Sie inhaltliche Experten nicht mit einer guten Nutzerführung unterstützen sollten. Gerade hier können Sie viele Pluspunkte mit einer guten Oberflächengestaltung machen und die betriebliche Effizienz Ihrer Kunden steigern.
Lösung: Beobachten Sie Ihre späteren Nutzern bei deren Arbeit. Finden Sie heraus, welche Vorgänge sich häufig wiederholen und wo Nutzer vielleicht auch für Sie unerwartete Dinge machen und Umwege gehen. Sprechen Sie mit Ihren Nutzern und identifizieren Sie die wichtigsten und häufigsten Aufgaben. Und dann: Optimieren Sie die Oberfläche, um diese Aufgaben bestmöglich mit Ihrer Software zu unterstützen.
Problem 3: Featurits
Stellen Sie sich vor, ihr alter Herd ist kaputt gegangen und Sie haben sich spontan einen neuen Herd gekauft, der in einem Werbeprospekt angepriesen wurde. Der Herd hat Sie überzeugt mit seinem günstigen Preis und 14 verschiedenen Backfunktionen und Betriebsarten. Als Sie den Herd aufgebaut haben, werden Sie von der Menge Knöpfchen und Anzeigen fast überwältigt und beschließen, einfach weiterhin Umluft und Ober-/Unterhitze zu verwenden. Nur das Finden der Funktionen ist jetzt ein wenig komplizierter als vorher.
So oder so ähnlich stellen sich viele Softwareprodukte heute dar: Sie enthalten eine Vielzahl an Funktionen und können verschiedenste Aufgaben erledigen. Oftmals „historisch gewachsen“, stellt die Komplexität der Software jeden neuen Nutzer vor eine riesige Aufgabe. Die Menge an Funktionen wird unüberschaubar, aber ein Verzicht fällt oftmals schwer, da in jede Funktion Zeit und Geld geflossen ist.
Lösung: Beschränken Sie sich auf wesentliche Funktionen. Unterstützen Sie bestimmt Aufgaben, diese dann aber optimal. Und bieten Sie weitere Funktionen zum Beispiel über Zusatzmodule an. Als „eierlegende Wollmilchsau“ wird Ihre Software immer schlechter sein, als die Software von einem Unternehmen was einen Stall für ein Huhn, ein Schaf, eine Kuh und ein Schwein besitzt.
Fazit
Gute Usability entsteht durch ein tiefes Verständnis von Ihrem Kunden und Ihren Nutzern. Treten Sie in den direkten Dialog, binden Sie Ihre Nutzer in die Entwicklung ein und holen Sie sich Feedback. Umso früher Sie in Kontakt treten, umso geringer sind die Kosten, die durch Änderungen entstehen. Kein noch so guter Entwickler kann den Kontakt mit Nutzern und Kunden ersetzen.
Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de