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Bedien-Trends im Maschinen- und Anlagenbau

Autor: Michaela Kauer-Franz

Lesedauer:

Nov 2018

Als Unternehmen, dass seine Kunden vor allem in der Entwicklung von B2B-Lösungen unterstützt, ist es für uns von besonderer Bedeutung, aktuelle Trends und Entwicklungen in den verschiedenen Branchen aufzuspüren und für unsere Kunden vorherzusehen.

Wir werden in unserem Agentur- und Beratungsalltag oft mit der Frage konfrontiert, wie viele Entwicklungen aus dem B2C-Bereich auch für den B2B-Bereich entscheidend sind. Eine Frage, die uns dabei immer wieder gestellt wird, ist, ob die Verwendung von Touchtechnologien auch im produzierenden B2B-Umfeld sinnvoll ist. Prinzipiell lautet unsere Antwort darauf schlicht und einfach: das kommt darauf an.

Es kommt darauf an, welche Umgebungsbedingungen und welcher Verschmutzungsgrad zu erwarten ist. Es kommt auch darauf an, ob die Nutzer Handschuhe tragen oder ob das Produkt im Freien eingesetzt wird, wo Regen beispielsweise die Bedienung kapazitiver Touchscreens beeinflusst. Für uns hängt die Beantwortung der Frage also stark mit dem geplanten Einsatz zusammen.

Nichtsdestotrotz bringt die Verwendung von Touchdisplays viele Vorteile. Gerade in Bezug auf die Individualisierbarkeit, die Benutzerführung und die Anpassung an plötzliche Ereignisse oder Fehler sind Touchdisplays Hard- oder Softkeys teilweise deutlich überlegen. Auch die Geschwindigkeit der Interaktion kann sich durch ihren Einsatz deutlich beschleunigen. Bei einer richtigen und sinnvollen Gestaltung kann der Einsatz von Touchdisplays also durchaus zu einem Wettbewerbsvorteil werden.

Der Maschinen- und Anlagenbau präsentiert sich vielerorts als eher konservative Branche, die traditionell auf hohe Qualität der Anlagen und des Funktionsumfangs setzt und bisher seltener im Bereich Bedieninnovationen von sich reden machte. Früher oftmals verbunden mit der Expertenargumentation: „Die Maschinen werden von Experten bedient. Die sind daran geschult, da müssen wir nicht in ein besseres Interface investieren!“.

Eine aktuelle Übersicht über den Bereich Maschinen- und Anlagenbau zeigt jedoch ein anderes Bild: Unabhängig von der Umgebung setzen Hersteller aktuell fast ausschließlich auf Touchtechnologien, bei der Einführung neuer Produkte.

Custom Interactions führte im Zeitraum August 2017 bis August 2018 eine Analyse der Webseiten von 27 unterschiedlichen Herstellern aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau durch. Dabei wurden die auf der Webseite angebotenen Produkte der Hersteller analysiert. Bei der Analyse wurden folgende Faktoren betrachtet:

  • Welche Bedientechnologien werden bei den präsentierten Produkten eingesetzt? Hier wurde unterschieden zwischen: Hardkeys, Softkeys, Maus & Keyboard, Touch-Screen, Multitouchscreen und App-Bedienung. Die Unterscheidung fand auf Basis der Herstellerangaben zu den Produkten statt. Wenn ein Hersteller mehrere Produkte mit unterschiedlichen Technologien im Einsatz hat, wurde für jede verwendete Technologie die Anzahl um 1 erhöht, unabhängig davon, wie viele Maschinen/Anlagen diese Technologie einsetzen.
  • Wie werden die Produkte beworben? (Werbetexte)
  • Welche Technologien setzen die Hersteller bei Produkten ein, die als „neu“ benannt oder auf Messen vorgestellt wurden? (Basierend auf Herstellerangaben)

Dabei zeigt sich folgendes Bild:

 

Eingesetzte-Technologien-im-Maschinen-und-Anlagenbau

Von den bestehenden Maschinen- und Anlagensteuerungen der betrachteten Hersteller verwendeten ca. gleich viele Unternehmen Steuerungen basierend auf Hardkeys (13) wie auf Touchscreens (14). Weniger Unternehmen setzten bei ihren Lösungen auf den Einsatz von Softkeys (8) oder Maus und Tastatur (3). Ein Unternehmen hatte bereits in der bestehenden Anlagengeneration Multitouchscreens realisiert. Kein einziges Unternehmen hatte in der bestehenden Maschinen- und Anlagengeneration ein mobiles Bedienkonzept oder eine Appbedienung umgesetzt. Da alle Hersteller jeweils unterschiedliche Maschinen- und Anlagen innerhalb des Unternehmens vertreiben, war es möglich, dass einzelne Unternehmen sowohl Lösungen ausschließlich basierend auf Hardkeys, wie auch ausschließlich basierend auf Softkeys hatten.

Neben der Analyse der aktuellen Gerätegeneration wurden auch Neueinführungen gezielt betrachtet. Dabei zeigte sich ein sehr einheitliches Bild:

Umsatz-in-Millionen-Euro

Alle im Betrachtungszeitraum neu eingeführten Lösungen setzen auf die Verwendung von Touchscreens, entweder als Single-(10) oder Multitouchscreen (1). Zusätzlich haben 4 der betrachteten Hersteller in dieser Zeit neben der Einführung einer neuen Gerätegeneration zusätzlich eine weitere Bedienoption für ihre Anwender geschaffen. So ermöglichen diese Hersteller in der neusten Generation zusätzlich zu der direkten Bedienung am Gerät die remote-Bedienung über eine App/mobile Anwendungen.

Betrachtet man die Hersteller auf Unternehmensebene, so zeigt sich, dass es einen großen Unterschied zwischen innovativen und weniger innovativen Unternehmen gibt. So sind 10 der 11 Unternehmen (ca. 91%), die in der neuen Gerätegeneration Touchscreens einsetzen, Unternehmen, die bereits in einer vorangegangenen Generation Geräte mit Touchscreen eingesetzt haben. Nur ein zusätzlicher Hersteller hat den Wechsel von herkömmlichen Bedienverfahren (in diesem Fall ausschließlich Hardkeys) auf Touch vollzogen. Hier zeigt sich auch ein Unterschied in der Art, wie diese Unternehmen auf die eigenen Kunden zugehen: 11 der 27 betrachteten Unternehmen (ca. 41%) werben damit, dass ihre Lösungen einfach zu bedienen sind. Von diesen 11 Herstellern gehören 9 zu den Unternehmen, die Touchscreens einsetzen. Unter anderem auch das eine Unternehmen, das von Hardkeys auf Touchscreen umgestellt hat. Es steht also zu vermuten, dass diese Unternehmen die einfache Bedienung ihrer Lösungen als echten Mehrwert für den Kunden sehen und diesen prominent und gezielt in den Mittelpunkt der Nutzenargumentation den Kunden gegenüberstellen.

Von den Unternehmen die keine Touchdisplays an den eigenen Maschinen und Anlagen verwenden, führen nur 2 Unternehmen die einfache Bedienung der eigenen Geräte als Nutzen für den Kunden an. In dieser Gruppe der Unternehmen scheint die Einfachheit der Bedienung entweder noch eine geringere Rolle zu spielen (z.B. durch geringere Wettbewerbssituation) oder ein geringeres Bewusstsein für die Kundenzentrierung vorhanden zu sein.

Betrachtet man die Unternehmensgröße bzw. die Umsatzzahlen der Unternehmen, so zeigt sich, dass die meisten der betrachteten Unternehmen im Bereich 5-10 Millionen Euro Jahresumsatz (letzter verfügbarer Jahresabschluss) angesiedelt sind. Im Durchschnitt erwirtschafteten die Unternehmen, die auf innovativere Technologien setzen 255€ Millionen Umsatz (unter Einbeziehung eines Milliardenunternehmens) bzw. 59 Millionen Euro Umsatz ohne dieses Unternehmen. Im Vergleich dazu liegt der durchschnittliche Umsatz bei weniger innovativen Unternehmen bei 237 Millionen Euro (ebenfalls unter Berücksichtigung eines Milliardenunternehmens) bzw. bei 11,3 Millionen Euro ohne dieses Unternehmen. Auch die Mitarbeiterzahlen unterscheiden sich deutlich. So haben die innovativen Unternehmen im Durchschnitt 1132 (bzw. 307) Mitarbeiter, die weniger innovativen Unternehmen 1272 (bzw. 169) Mitarbeiter. Hier kann auf Grund der eingeschränkten Betrachtung jedoch keine Aussage getroffen werden, ob die hohe Innovationskraft zu starken Umsatzsteigerungen und damit auch Mitarbeiterwachstum führt, oder ob der erhöhte Umsatz bessere Möglichkeiten für die Entwicklung und den Einsatz innovativer Technologien bietet.

Abschließend lässt sich jedoch sagen, dass zunehmend auch in der eher traditionell angehauchten Maschinen- und Anlagenbau-Branche neue Technologien Einzug halten und ein Umdenken in Richtung Kundenzentrierung und Einfachheit stattfindet. Diese Argumente lösen auch oftmals Features als primäre Verkaufsargumente ab, so dass zu vermuten ist, dass hier eine bessere Verkaufsförderung bei den Unternehmen erreicht werden konnte. Die Wichtigkeit von guter Bedienbarkeit und innovativer Bedienung hält vermehrt auch in klassischen Bereichen Einzug und führt vermutlich zu Wettbewerbsvorteilen bei innovativeren Unternehmen.

 

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